„Rebellion der Jugend im Aufwind! - und warum die MLPD 2009 einen besonderen Schwerpunkt auf die Jugendarbeit legt“
von Nina Dusper und Feryal Araz/Kandidatinnen auf der Landesliste NRW aus Duisburg
Es ist der 11. März 2009 3.00h morgens in Bangladesh. Die 16-jährige Jasmin steht auf, sie hat als Textilarbeiterin einen weiten Fußweg vor sich. Ihre kleine Tochter liegt seelenruhig im Bett und träumt einen süßen Traum, während sie die Tür ihrer Wellblechhütte hinter sich zuzieht. Sie weiß, dass ihre Mama gut aufpasst aber es tut ihr jedes Mal weh, wenn sie sie alleine lässt, 7 Tage die Woche. Die Gedanken sind schnell verflogen, als sie ihre Kolleginnen auf der Straße trifft. Sie Laufen immer in großen Gruppen, um sich vor Verschleppung und Angriffen zu schützen. Selbstbewusst tragen sie ihre bunten Kleider. Sie arbeiten mit weiteren Tausenden Mädchen und Frauen in der Textilindustrie in Dhakar. Der Tag hat 24 Stunden, 16 davon arbeiten sie für nicht mal 18 Euro im Monat. Wir tragen ihre genähten Sachen vom H&M und allen bekannten Marken. In der Fabrik haben sie in mühseliger Kleinarbeit gelernt sich zusammenzuschließen und zu kämpfen. Die Polizei ging bei der letzten Demonstration mit Schlagstöcken gegen die Arbeiter vor. Die Arbeiterführerinnen dort sind Jugendliche.
Es ist der 11. März 2009 5.00h morgens in Stuttgart. Der 18-jährige Stefan ist aufgeregt. Gleich geht’s in die Lehrwerkstatt vom Daimler. Heute soll's noch mal Ärger geben, weil sich seine ganze Lehrlingsgruppe an der Demonstration für die Übernahme am 18.2. beteiligt hat. Er hatte das organisiert und war stolz drauf. Viele Ausreden hatte er sich vorher zurecht gelegt, ist das nicht „uncool“ sich in die erste Reihe zu stellen? Warum soll ich mich einmischen, ich komme schon irgendwie durch. Vielleicht hole ich mir dabei Blessuren ein oder meine Kumpels machen mich blöd an. Egal, hat er sich schließlich ein Herz genommen, wenn es die nicht gäbe, die sich vorne dran stellen, wird es immer schlechter aussehen mit der Zukunft der Jugend. Erleichtert stellte er bei der Aktion mit den 800 Azubis fest, dass auch ältere Kollegen aus der Produktion da waren. Als er aus der Bahn steigt und in die Lehrwerkstatt geht, weiß er, dass die auch hinter ihnen stehen, wenn sie von der Werksleitung angegriffen würden.
Es ist der 11. März 2009 7.00h morgens in Istanbul. Esma packt ihre Tasche mit den Flugblättern. Seit einem Jahr studiert sie, sie will Ärztin werden. Ihr Vater ist Arbeiter und ihre Mutter Arbeiterin. Immer haben sie sich das Geld vom Mund abgespart „unser Kind soll studieren“, haben sie gesagt. Und jetzt? Ihr Vater war der erste, der in der Wirtschaftskrise seinen Job in der Fabrik verlor – zu alt. Sie weiß an vielen Tagen nicht, wie sie zur Uni kommen soll, weil ihr das Geld für die Fahrkarte fehlt. Deshalb bereitet sie seit Monaten mit anderen Studenten die heutige Demo vor. Sie demonstrieren für eine Halbierung der Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr und die Unterbringung und Essen durch die Universität. Sie wollen ihr Geld lieber für kulturelle Veranstaltungen statt für Fahrkarten ausgeben. "Wir wollen nicht die Rechnung für die Finanzkrise bezahlen", riefen sie. Als sie mit Tausenden die Straße entlang marschieren, fühlt sie sich stark und wünschte sich ihre Eltern wären dabei.
Es ist der 11. März 2009 9.00h morgens in Duisburg. Gleich ist Pause in der Grundschule, aber Josef kann nicht abwarten. Er fragt seinen Freund und Banknachbarn leise „willst du am Freitag mitgehen, den Geist von August Thyssen jagen?“ „Hä?“, jauchzt sein Freund auf, womit er die Aufmerksamkeit der Lehrerin auf sich zieht. In der Pause erzählt er es ihm: „Am Freitag machen wir von REBELL und ROTFÜCHSE eine Nachtwanderung im Landschaftspark Nord. Die Aufgabe ist, den Geist von August Thyssen zu verjagen.“ „Wieso Geist? Mein Vater arbeitet doch noch bei dem. Zumindest sagt er das jeden Morgen.“ Josef erklärt in seiner souveränen Art und kurzen Worten, dass August Thyssen der Gründer des Stahlkonzerns war, es heute ein internationales Monopol ist, dass die Arbeiter ausbeutet und die ROTFÜCHSE dagegen kämpfen lernen. „Ach so“, sagt der Freund „Da komm ich mit, schließlich hat mein Vater auch letztens gegen den gekämpft!“
Es ist der 11. März 2009 11.00h morgens in Winnenden ein 17-jähriger Schüler dringt mit einer Pistole bewaffnet in die Albertville-Realschule ein und erschießt wahllos 15 Schüler, Lehrer und anschließend sich selbst. „Große Trauer und auch Abscheu erfüllen uns. Sofort sind die Medien voll mit Politikerreden und psychologischen Erklärungen, die aber keine sind. Tim K. war kein gedemütigtes Kind am Rande der Gesellschaft. Eiskalt hat er 15 Menschen erschossen. „Soll ich mal Spaß machen und die Autos und die Fahrer abknallen?“, berichtet der vom Amokläufer entführte Fahrer. Man muss diese Denkweise klar auf den Punkt bringen: Es ist der extremste Ausdruck eines ganzen Systems der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Denkweise kapitalistischer Gewalt. Die PC-Programme, mit denen nahezu alle Ammokläufer permanent spielten, dienten früher zur Ausbildung amerikansicher Soldaten. Rücksichtsloser Egoismus und bürgerlicher Ehrgeiz, Massenfeindlichkeit bis hin zu einem völligen Fatalismus sind Merkmale dieser Denkweise.“
Die Masse der Jugend lehnt die kapitalistische Barberei entschieden ab. 100.000 gehen im Durchschnitt im Monat in Deutschland auf die Straße. Es ist eine Unverschämtheit, wenn man jetzt nicht selten Berichte in bürgerlichen Massenmedien über die angebliche allgemeine Verrohung der Jugend liest. Die Welle der Trauer, der einfühlsamen und solidarischen Unterstützung der betroffenden Schüler und Familien, die ernsthafte Diskussion über die gesellschaftlichen Ursachen in den hunderttausendfach besuchten Internetforen ist beeindruckend.
Die MLPD ist sicherlich einzigartig, was ihre Jugendarbeit angeht. Wir sind der Meinung, dass die Frage der Jugend ein fundamentales gesellschaftliches Problem ist. Nicht die Jugend ist das Problem, sondern der Kapitalismus stellt ihre Zukunft infrage – das ist das Problem.
Wenn wir von einem fundamentalen gesellschaftlichen Problem sprechen, dann, weil in der Jugend die ganze Frage der Zukunft der Gesellschaft steckt, die aber vom kapitalistischen System kaputt gemacht wird oder werden soll.
Das Kinderhilfswerk der UNO, Unicef, hat alarmierende Zahlen über die Folgen der Weltwirtschaftskrise für die Mütter- und Kindersterblichkeit veröffentlicht. Besonders in neokolonial abhängigen Ländern steigen Verelendung und Massenarbeitslosigkeit rapide an. Hunderttausende von Arbeitsmigrantinnen und Migranten in Europa, den USA oder den reicheren Nahostländern sind die ersten, die ihre unsicheren Jobs verlieren und in ihre Heimatländer abgeschoben werden. 13 afrikanische Staaten sind so hoch verschuldet, dass sie keine Nahrungsmittel mehr einführen können. Zugleich steigen die Lebensmittelpreise für Millionen in unerschwingliche Höhen. Unicef rechnet mit einem Ansteigen der Kindersterblichkeit um 200.000 bis 400.000 als direkte Folge der Abwälzung der Krisenlasten auf die Ärmsten der Armen.
Dabei sind schon jetzt die Zahlen ein einziger Skandal: Jede Minute stirbt eine Frau – davon besonders viele in Asien und Afrika - während der Schwangerschaft oder Geburt, weil sie unterernährt oder miserabel gesundheitlich versorgt ist. "Bereits heute fehlen jedem zweiten der rund 2,2 Milliarden Kinder auf der Erde grundlegende Dinge für das Überleben und die Entwicklung wie ausreichende Nahrung, sauberes Wasser, medizinische Hilfe, eine gute Schulbildung und ein Dach über dem Kopf. Weltweit sterben jedes Jahr 9,2 Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag – meist an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten", so UNICEF.
"Ein Kind, das jetzt an Hunger stirbt, wird ermordet", empört sich zurecht Jean Ziegler, der frühere UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Schlüssig hat er nachgewiesen, dass der Hunger in der Welt vollkommen besiegt werden könnte, wenn fünf Jahre lang jährlich knapp 65 Milliarden Euro in die Entwicklung einer nachhaltigen und umweltverträglichen Landwirtschaft gesteckt würden.
Nach einem Bericht der EU ist die Kinderarmut in Deutschland von 12 auf jetzt 14 Prozent gestiegen, d.h. 14 Prozent aller Kinder in Deutschland leben derzeit an oder unterhalb der Armutsgrenze. Im EU-Schnitt sind es sogar 19 Prozent der Kinder. Betroffen sind vor allem die Kinder von Arbeitslosen oder Alleinerziehenden. In Marxloh sind es 50%!
40 Billionen Euro wurden seit Beginn der Weltwirtschaftskrise vernichtet. Das ist der Gegenwert des erarbeiteten Reichtums der Werktätigen. Da werden Schulden aufgehäuft, für die nach der Rechnung der Herrschenden noch unsere Kinder und Enkelkinder bluten müssten. Davon könnten
– alle Sozialausgaben im deutschen Haushalt für 57 Jahre bezahlt werden
die gesamten staatlichen Ausgaben für Bildung über 460 Jahre
26 Jahre lang könnte jeder Mensch einen Liter Milch am Tag bekommen
und 412 Millionen Wohnungen mit 81qm gebaut werden, die 1236 Mrd. Menschen lebenwerten Wohnraum geben.
Niemand sollte heute noch kommen und Armut, Elend und Tod von Millionen Kindern und Müttern als unabänderliches Schicksal darstellen – sie sind direkte Folgen eines am Reichtum erstickenden, menschenverachtenden kapitalistischen Gesellschaftssystems. Unsere einleitenden teilweise tragischen, aber auch mutigen Geschichten zeigen, welch heftiger Kampf um die Denkweise, um das ganze Denken, Fühlen und Handeln der Jugend entbrannt ist. Die Jugend ist die aktivste und lebendigste Kraft der Gesellschaft, der Linkstrend wirkt hier am deutlichsten – zugleich ist sie noch am unerfahrensten, am meisten anfällig für Attacken, besonders der kleinbürgerlich-antiautoritären Denkweise.
Die Arbeiterbewegung und alle fortschrittlichen Menschen sind herausgefordert, in anderem Maße als bisher Verantwortung für die Jugend zu übernehmen. Helfen wir der Jugend zu Kämpfern, zu Rebellen und Marxisten-Leninisten zu werden, erziehen wir sie dazu, im ganzen Leben verantwortungsbewusste Menschen zu werden, ihre besten Eigenschaften, ihren Gerechtigkeitssinn, ihre Offenheit für Neues zu entfalten, sich solidarisch zu verhalten und ihre Zukunft im echten Sozialismus zu erkämpfen. Dazu organisieren wir unter der Masse der Jugend, insbesondere mit REBELL und ROTFÜCHSEN eine Lebensschule der proletarischen Denkweise. Hier lernen die Jugendlichen voneinander und von der MLPD mit Verwöhnung, dem Einfluss des Sexismus, von Drogen ätzendem Mobbing und faschistischen Rattenfängern und Militaristen fertig zu werden. Damit Winnenden der traurigen Vergangenheit des Kapitalismus angehört.
Das internationale Pfingstjugendtreffen ist ein wichtiges praktisches Feld unserer Jugendarbeit. Es findet mitten im Wahlkampf statt und bildet ein Highlight in der Jugendarbeit und der Offensive für den echten Sozialismus.
Das alle zwei Jahre stattfindende PJT ist von vorne bis hinten selbst organisiert. Angefangen dabei, dass wir uns jedes Jahr aufs Neue den Platz erkämpfen müssen, über Aufbau der Zelte und Pavillons, das Verlegen von Rohren und Stromkabeln, bis hin zum Kulturprogramm, den ‚Spielen ohne Grenzen’ und dem Fußballturnier und den Essens- und Infoständen. Das alles organisieren wir selber aus Initiativen aus ganz Deutschland und auch international.
In Duisburg stehen dabei im Moment drei Dinge im Mittelpunkt: Die Trainings zu den ‚Spielen ohne Grenzen’, unsere Gemeinschaftsaufgabe, die wir übernommen haben und die Mobilisierung zum PJT. In all diesen Feldern wollen wir die Lebensschule der proletarischen Denkweise verwirklichen. Wie sieht das konkret aus?
Wir wollen, dass die Jugendlichen und Kinder selber Verantwortung übernehmen. Am Sonntag fangen wir an mit den Trainings zu den ‚Spielen ohne Grenzen’. Wir wollen natürlich eine starke Mannschaft aufstellen, ordentlich Trainieren und einen guten Platz machen. (Letztes Mal haben wir den 17. Platz gemacht, bei 18 angetretenen Mannschaften. Das gilt es zu toppen!) Es gilt: ‚Gemeinsam sind wir stark’! Dazu muss die Mannschaft einen Ehrgeiz und ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln. Und was ist geeigneter, als z.B. das Tausendfüßler-Spiel, um zu lernen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen? Wer bei den letzten Trainings zugeschaut hat, weiß wovon ich spreche. Wir haben ein Trainerteam, das die Trainings vorbereitet und uns fit macht. Natürlich braucht jede Mannschaft, die erfolgreich sein will, auch Unterstützung von außen. Deshalb laden wir die Wählerinitiative herzlich ein, an unseren Trainings mitzumachen und würden uns auch besonders freuen, wenn sie uns auch auf dem PJT anfeuern würde.
Als Gemeinschaftsaufgabe haben wir, wie in den Jahren zuvor auch, übernommen, den Auf- und Abbau zu organisieren. Diese wollen wir als praktisches Lernfeld für die Rebellen und Rotfüchse und auch für andere Jugendliche nutzen. Von der Planung bis zur Durchführung wollen wir lernen, wie so eine Aufgabe erfolgreich durchgeführt wird, wie man beispielsweise Wasserrohre und Stromkabel verlegt oder, wie man einen Zeltplatz so einteilt, das alle Seiten des PJT zur Geltung kommen.
Es ist ein Unterschied, ob ein Jugendlicher sich einfach an einem Festival beteiligt, indem er nur sein Zelt da aufschlägt oder, ob er richtig mit anpackt und das Gelingen des Festivals zu seiner Sache macht. Dazu gehört auch, dafür zu sorgen, dass der Platz hinterher wieder sauber ist.
Ich bin sicher, die meisten Jugendlichen waren schon auf dem einen oder anderen Festival. Ich auch. Und ich war immer wieder erschrocken, wie der Festivalplatz hinterher aussah. Eine einzige Müllhalde. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu unserem Pfingstjugendtreffen. Das hat auch die Stadt Gelsenkirchen gemerkt, die immer wieder erstaunt ist, wie sauber wir den Platz hinterlassen, auf dem kurz zuvor tausende von Menschen herumgelaufen, gegessen und gezeltet haben. Denn, auf dem PJT leben alle nach denselben Prinzipien. Es ist für die Teilnehmer selbstverständlich, dass diese eingehalten werden und wenn nicht, wird sich solidarisch um die Prinzipien gestritten. Dabei spielt die MLPD eine bedeutende Rolle. Sie ist eine der Trägerorganisationen, die entscheidend zum Gelingen des PJT beiträgt und dabei so manche Kämpfe führt. Eine spannende Sache wird sicher auch die Veranstaltung für Jugendliche von Stefan Engel zur Krise. Unsere Ansprüche an uns selbst sind hoch. Was wir uns vornehmen, durchdenken wir von vorne bis hinten, übernehmen die volle Verantwortung dafür und gewinnen Leute, die Sache zu unterstützen. Wir lernen dabei, ziehen Konsequenzen für die Höherentwicklung und stellen jedes Mal fest, dass das alles nur organisiert geht. Ob Organisierung eines Pfingstjugendtreffens oder des Kampfs für eine bessere Welt, wir müssen uns organisieren, um die Sache zum Erfolg führen zu können.